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Schreibübung #2: Unterhaltung mit sich selbst

Lesezeit: ca. 10 Minuten

Hast Du jemals darüber nachgedacht, wie es wäre, Dein Zukunfts-Ich zu treffen? Welche Fragen würdest Du stellen? Was würde Dein zukünftiges Ich über die Entscheidungen denken, die Du heute triffst? In dieser Schreibübung nehmen wir genau dieses Konzept auf und lassen Deine Figur eine Unterhaltung mit ihrem Zukunfts-Ich führen. Es ist nicht nur eine spannende Möglichkeit, die inneren Gedanken Deiner Figur zu erkunden, sondern auch eine ausgezeichnete Gelegenheit, sie auf eine tiefere emotionale Reise zu schicken.

Unterhaltungen, bzw. Dialoge sind beim kreativen Schreiben mächtige Werkzeuge, um Charakterentwicklung und emotionale Konflikte zu veranschaulichen. Wenn Du Deine Hauptfigur eine Unterhaltung mit ihrem zukünftigen Selbst führen lässt, eröffnest Du zahlreiche Möglichkeiten für Spannung, Reflexion und Wachstum. Diese Übung ist daher perfekt geeignet, um zum einen Unterhaltungen und Dialoge zu üben und zum anderen auch um das innere Leben Deiner Figuren zum Vorschein zu bringen.

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Schreibübung #2 Unterhaltung mit sich selbst

In diesem Blogartikel erkläre ich Dir Schritt für Schritt, wie Du diese Schreibübung erfolgreich umsetzt und was Du beachten solltest, damit Deine Leser von Anfang an gefesselt sind.

Die Schreibaufforderung

Lasse Deine Hauptfigur eine Unterhaltung mit ihrem Zukunfts-Ich führen.

Es klingt zunächst vielleicht ungewöhnlich, aber der Reiz dieser Übung liegt darin, wie Du Deine Figur und deren Entwicklung durch diese Konfrontation gestaltest. Wir alle haben Momente, in denen wir uns fragen, wie unser Leben in fünf, zehn oder zwanzig Jahren aussehen wird. Indem Du Deiner Figur die Chance gibst, diese Fragen direkt an ihr zukünftiges Selbst zu richten, schaffst Du eine kraftvolle Erzählstruktur, die für Spannung und emotionale Tiefe sorgt.

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Was Du in dieser Übung lernen wirst

Diese Übung hat mehrere Ziele, die Dir helfen, als Schriftsteller weiterzukommen:

  • Dialoge schreiben: Eine der wichtigsten Fähigkeiten im kreativen Schreiben ist der Dialog. Durch die direkte Unterhaltung zwischen Deiner Figur und ihrem Zukunfts-Ich hast Du die Möglichkeit, den Dialog lebendig und authentisch zu gestalten.
  • Innere Konflikte aufdecken: Die Unterhaltung mit dem Zukunfts-Ich ist oft voller emotionaler Tiefe, da es um Themen wie Angst vor dem Unbekannten, Bedauern über vergangene Entscheidungen oder Unsicherheiten über zukünftige Herausforderungen geht.
  • Charakterentwicklung: Indem deine Figur mit ihrem zukünftigen Selbst spricht, erhält der Leser einen Einblick in die Hoffnungen, Träume, Ängste und Unsicherheiten deiner Figur. Du kannst diese Konversation nutzen, um zu zeigen, wie sie sich entwickelt oder mit welchen inneren Konflikten sie ringt.
  • Das Thema Zeit: Die Begegnung mit dem eigenen zukünftigen Selbst eröffnet spannende Möglichkeiten, um über Zeit, Veränderung und Wachstum zu reflektieren. Diese Übung erlaubt es Dir, das Thema „Zeit“ auf kreative Weise zu behandeln.
Abstraktes Bild einer Unterhaltung

Schreibprozess: So gehst Du Schritt für Schritt vor

Bevor Du beginnst, diese Schreibaufforderung umzusetzen, gebe ich Dir einen genauen Fahrplan an die Hand, der Dir hilft, das Beste aus dieser Übung herauszuholen. Jede Geschichte ist einzigartig, aber diese Schritte bieten Dir eine klare Struktur, um sicherzustellen, dass Du nichts Wichtiges übersiehst.

Lerne Deine Figur kennen

Bevor Du mit dem Schreiben beginnst, ist es wichtig, dass Du Deine Hauptfigur genau verstehst. Überlege Dir, wer sie ist und in welchem Lebensabschnitt sie sich befindet. Was sind ihre größten Ängste, Wünsche und Träume? Welche Herausforderungen stehen ihr im Weg? Diese Details sind entscheidend, um eine authentische Unterhaltung zu erschaffen. Wenn Du bereits einen festen Charakter hast, umso besser – tauche tief in dessen Persönlichkeit ein.

Fragen an Deine Figur:

  • Was wünscht sie sich für die Zukunft?
  • Wovor hat sie Angst, wenn sie an die Zukunft denkt?
  • Hat sie in der Vergangenheit Entscheidungen getroffen, die sie heute bereut?
  • Welche Eigenschaften hat sie in der Zukunft entwickelt, die sie heute bewundert oder fürchtet?
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Das zukünftige Selbst skizzieren

Nun wird es interessant: Du musst Dir überlegen, wie sich Deine Figur in der Zukunft entwickelt hat. Je nachdem, wie weit Du in die Zukunft springen möchtest (z. B. 5, 10 oder 20 Jahre), wird das zukünftige Selbst Deiner Figur anders aussehen. Hat sie ihre Ziele erreicht? Oder ist sie auf dem Weg dorthin gescheitert? Diese Unterschiede zwischen dem heutigen und dem zukünftigen Ich schaffen die Grundlage für Konflikte und emotionale Spannung.

  • Ist das Zukunfts-Ich erfolgreich oder gescheitert?
  • Hat das Zukunfts-Ich die gleichen Werte und Überzeugungen?
  • Wie reagiert das heutige Ich auf die Zukunftsversion?

Den Rahmen setzen

Bevor der Dialog beginnt, solltest Du einen Rahmen setzen. Wo findet die Unterhaltung statt? In einem Traum? Trifft die Figur auf mysteriöse Weise auf ihr Zukunfts-Ich in einem magischen Szenario? Oder vielleicht ist die Begegnung metaphorisch, etwa als innerer Monolog, in dem die Figur einfach laut über ihre Zukunft nachdenkt?

Die Atmosphäre der Szene kann die Richtung des Dialogs stark beeinflussen. In einer düsteren Umgebung könnte der Fokus mehr auf den Ängsten und Unsicherheiten Deiner Figur liegen, während eine helle und hoffnungsvolle Umgebung eher optimistische Gespräche fördert.

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Den Dialog gestalten

Der Kern dieser Übung ist der Dialog. Hier kannst Du Deiner Kreativität freien Lauf lassen. Überlege Dir, wie das heutige Ich auf die Weisheit, Kritik oder auch die Enttäuschung des zukünftigen Ichs reagieren würde. Gleichzeitig kannst Du Dir überlegen, welche Ratschläge das zukünftige Ich geben würde – handelt es sich um Ermutigung, Warnungen oder vielleicht sogar um ein Eingeständnis, dass nicht alles so gelaufen ist wie erhofft?

Ein kleines Beispiel

Zukunfts-Ich:

»Du hast so viel Zeit verschwendet, weil du immer gezweifelt hast. Wenn ich dir einen Rat geben könnte, dann den: Höre endlich auf, alles perfekt machen zu wollen.«

Heutiges Ich:

»Leicht gesagt. Du weißt nicht, wie sich das anfühlt – oder doch?«

Zukunfts-Ich:

»Oh, ich weiß es sehr gut. Aber glaub mir, am Ende bleibt dir nur die Frage, warum du nicht früher mutiger warst.«

Ein solcher Dialog zeigt Konflikte, Zweifel und Einsichten – und er bietet die Gelegenheit, Deine Figuren emotional vielschichtig darzustellen.

Reflexion nach der Unterhaltung

Die Unterhaltung mit dem Zukunfts-Ich sollte nicht ohne Folgen bleiben. Überlege Dir, wie Deine Figur nach diesem Gespräch handelt. Was hat sie gelernt? Hat das Gespräch sie motiviert, ihre Ängste zu überwinden, oder hat es sie noch tiefer in Unsicherheit gestürzt? Diese Reflexion gibt dem Leser die Möglichkeit, die Entwicklung der Figur nachzuvollziehen und mit ihr zu wachsen.

Unterhaltung Anna und ihr ich

Beispielgeschichte: Die Unterhaltung zwischen Anna und ihrem Zukunfts-Ich

Um dir zu zeigen, wie die Schreibübung praktisch umgesetzt werden kann, hier ein Beispiel für eine Geschichte, die auf der heutigen Schreibaufforderung basiert:

Anna saß auf der Bank am See und sah in die untergehende Sonne. Der Wind wehte sanft durch ihr Haar, und die Welt schien für einen Moment stillzustehen.

»Wird es jemals einfacher?«, murmelte sie leise, als würde sie eine Antwort von den Wellen erwarten.

»Nicht wirklich«, antwortete eine Stimme hinter ihr.

Erschrocken drehte sie sich um. Vor ihr stand … sie selbst. Aber älter. Reifer. Und mit einem Ausdruck auf dem Gesicht, den Anna nicht deuten konnte – war es Bedauern oder vielleicht Stolz?

»Wer… wer bist du?« stotterte Anna zittrig.

»Erkennst Du mich nicht? Ich bin du. In zehn Jahren«, sagte die Zukunfts-Anna, setzte sich neben sie und lächelte schwach. »Und ich weiß, was du denkst. Ja, es fühlt sich seltsam an, mich zu sehen. Aber ich bin hier, um dir etwas zu sagen.«

Anna starrte sie an. »Wie… wie ist es?«

»Die Zukunft? Anders, als du denkst«, antwortete Zukunfts-Anna und blickte ebenfalls auf den See hinaus. »Du hast viele Dinge geschafft, von denen du jetzt nicht mal zu träumen wagst. Aber du hast auch viel verloren.«

»Was habe ich verloren?«, fragte Anna, ihre Stimme zitterte immer noch.

»Zeit«, antwortete die Zukunftsversion sanft. »Zeit, weil du zu viel Angst hattest. Weil du nicht bereit warst, Fehler zu machen. Es hat dich oft aufgehalten.«

Dieses Beispiel zeigt, wie der Dialog zwischen einer Figur und ihrem Zukunfts-Ich eine kraftvolle Reflexion über das eigene Leben und die eigenen Entscheidungen ermöglicht. In dieser Geschichte geht es um die Angst, Fehler zu machen, und das Bedauern, Zeit zu verlieren.

Unterhaltung

4 Tipps zur Umsetzung der Übung

Tipp 1: Sei ehrlich zu Deiner Figur

Lass die Unterhaltung zwischen dem heutigen und dem zukünftigen Ich authentisch und ehrlich sein. Die Figur sollte sich nicht nur Bestätigung holen, sondern auch mit ihren tiefsten Ängsten und Unsicherheiten konfrontiert werden. Eine gute Unterhaltung lebt von Spannung, Konflikt und echter Reflexion.

Tipp 2: Zeige Widersprüche und Unzufriedenheit

Ein Gespräch mit dem Zukunfts-Ich bietet Raum für Widersprüche. Vielleicht ist das heutige Ich mit dem Zukunfts-Ich unzufrieden und lehnt seine Ratschläge ab. Vielleicht glaubt die Figur, dass sie die Dinge anders oder besser machen könnte. Solche Widersprüche können die Spannung im Dialog erhöhen und der Geschichte emotionale Tiefe verleihen.

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Tipp 3: Vermeide Klischees

Es ist leicht, in Gesprächen mit der Zukunft in Klischees zu verfallen – wie die Vorstellung, dass alles perfekt wird oder dass das Zukunfts-Ich nur Ratschläge erteilt. Denke stattdessen an reale, menschliche Gespräche, die Ecken und Kanten haben. Lass das Zukunfts-Ich auch Fehler und Schwächen haben.

Tipp 4: Experimentiere mit dem zeitlichen Abstand

Je nachdem, wie weit die Zukunftsversion der Figur in der Zeit voraus ist, verändert sich auch der Ton des Gesprächs. Ein Gespräch mit dem Selbst in fünf Jahren könnte sich sehr viel anders anfühlen als eines, das 20 Jahre in die Zukunft geht. Du kannst diese zeitlichen Unterschiede nutzen, um die Spannungen und die Komplexität der Geschichte zu steigern.

Unterhaltung mit dem Ich

Die Rolle von Konflikten in der Unterhaltung

Ein gutes Gespräch zwischen dem heutigen Ich und dem zukünftigen Ich ist selten harmonisch und glatt. Konflikte sind der Motor, der die Unterhaltung interessant macht. Vielleicht ist die Figur enttäuscht darüber, wie ihr Leben verlaufen ist. Vielleicht hat das Zukunfts-Ich Fehler gemacht, die das heutige Ich vermeiden will. Diese Art von innerem Konflikt bringt die nötige Tiefe, um Deine Figur realistischer und greifbarer zu machen.

Konfliktmöglichkeiten:

  • Enttäuschung über die Zukunft: Die Figur könnte herausfinden, dass ihr Leben nicht so verlaufen ist, wie sie es sich erhofft hatte. Diese Enttäuschung könnte den Dialog auf eine emotionale Ebene bringen.
  • Verlorene Träume: Vielleicht hat das Zukunfts-Ich einige Träume aufgegeben, die das heutige Ich noch festhält. Wie geht die Figur damit um?
  • Unterschiedliche Prioritäten: Das heutige und das zukünftige Ich könnten unterschiedliche Werte oder Prioritäten haben. Dieser Konflikt kann zu einer spannenden Auseinandersetzung führen.
  • Reue über vergangene Entscheidungen: Das Zukunfts-Ich könnte bereuen, bestimmte Entscheidungen getroffen zu haben. Wie reagiert die Figur darauf? Verteidigt sie ihre damaligen Entscheidungen oder erkennt sie, dass sie Fehler gemacht hat?
Mein zukuenftiges Ich

Das Ende der Unterhaltung: Wie reagiert die Figur?

Nachdem der Dialog zwischen der Figur und ihrem Zukunfts-Ich stattgefunden hat, sollte es eine Art Schlussfolgerung oder Reflexion geben. Wie hat das Gespräch die Figur beeinflusst? Hat sie etwas Neues über sich gelernt? Ist sie motivierter, ihre Ziele zu verfolgen, oder hat das Gespräch sie in tieferen Zweifel gestürzt? Diese Reflexion kann dem Leser helfen, die emotionale Entwicklung der Figur besser nachzuvollziehen.

Du kannst das Gespräch so enden lassen, dass es der Figur neue Einsichten gibt. Vielleicht erkennt sie, dass sie sich weniger um die Zukunft sorgen sollte und mehr im Moment leben muss. Oder sie bekommt die Erkenntnis, dass sie mutiger sein muss, um ihre Ziele zu erreichen.

Beispiel eines Endes

Anna starrte lange auf das Wasser, als ihre Zukunftsversion langsam verblasste. Die Worte hallten in ihrem Kopf wider – »Zeit ist kostbar. Verschwende sie nicht mit Zweifeln.«

Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich klarer. Nicht, weil sie nun alle Antworten hatte, sondern weil sie wusste, dass die Zukunft nicht in Stein gemeißelt war. Sie konnte die Entscheidungen treffen, die sie auf den richtigen Weg führen würden. Und sie würde es tun – nicht morgen, nicht nächste Woche, sondern jetzt.

Die berühmten Schlussgedanken

Indem Du Deine Figur eine Unterhaltung mit ihrem Zukunfts-Ich führen lässt, schaffst Du eine einzigartige Gelegenheit für Selbstreflexion und Charakterentwicklung. Diese Art von Dialog ermöglicht es, tiefe emotionale Themen zu erkunden, die über das bloße Erzählen hinausgehen. Für das kreative Schreiben ist dies eine ideale Übung, um sowohl die Kunst des Dialogschreibens als auch die innere Welt der Charaktere zu erforschen.

Egal, ob Deine Figur durch das Gespräch motiviert wird oder tiefer in Selbstzweifel gerät, dieser Dialog kann das Fenster zu einem reichen emotionalen Erlebnis öffnen – für die Figur und für die Leser. Diese Übung erlaubt es Dir, eine Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft herzustellen und Deine Leser auf eine gedankliche Reise mitzunehmen.

Versuche es doch gerne einmal selbst. Und schicke Deine Figur auf eine fesselnde Unterhaltung mit ihrem Zukunfts-Ich. Teile auch gerne Deine Erfahrung mit dieser Übung oder Deine Geschichten in den Kommentaren. Ich bin gespannt auf die einzigartigen Erzählungen, die daraus entstehen werden.

Viel Erfolg und „happy writing“!

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