In der Welt des Schreibens gibt es eine alte Weisheit: „Show, don’t tell.“ Das bedeutet, dass man den Leser nicht einfach nur darüber informiert, wer oder was eine Figur ist, sondern es ihm zeigt. Und wie zeigen wir das am besten? Durch die Handlungen der Figuren! Du stehst vielleicht vor der Herausforderung, Deine Figuren so lebendig und authentisch wie möglich darzustellen. In diesem Beitrag möchte ich Dir einmal zeigen, wie Du durch die Handlungen Deiner Figuren deren Persönlichkeit, Werte und Emotionen auf eine Weise enthüllst, die Deine Leser fesselt und gleichzeitig natürlich auch Deine Geschichten bereichert.
Vielleicht hast Du auch das schon einmal gehört: „Handlungen sprechen lauter als Worte.“ Dieser Spruch trifft auch im Schreiben zu. Eine Figur kann Dir alles Mögliche erzählen, aber es sind ihre Handlungen, die wirklich offenbaren, wer sie ist. Möglicherweise stehst Du gerade vor der Herausforderung, Deine Figuren zu entwickeln, ohne in Klischees zu verfallen oder langweilige Erklärungen abzugeben. Deshalb möchte ich Dir helfen, einen der effektivsten Ansätze zu meistern: die Kunst, Figuren durch ihre Handlungen zu definieren.
Diese Technik bietet zwei entscheidende Vorteile:
- Stärke und Lebendigkeit deiner Figuren: Durch ihre Handlungen werden sie für den Leser greifbar und nachvollziehbar.
- Spannung und Dynamik in der Geschichte: Handlungen treiben die Handlung voran und machen die Geschichte lebendig.
Ob du gerade erst mit dem Schreiben beginnst oder schon erste Texte verfasst hast, dieser Beitrag wird Dir zeigen, wie Du das Verhalten Deiner Figuren so gestalten kannst, dass es ihre Persönlichkeit widerspiegelt.
Inhalt
Warum Handlungen für Figuren entscheidend sind
Wenn es darum geht, eine Figur zu entwickeln, gibt es eine Vielzahl von Werkzeugen in Deinem Autoren-Werkzeugkasten. Du kannst äußere Beschreibungen verwenden, Dialoge schreiben oder direkt in die Gedankenwelt Deiner Figuren eintauchen. Doch keine dieser Methoden ist so kraftvoll wie die Darstellung von Handlungen.
Warum?
Sie haben die einzigartige Fähigkeit, die innersten Aspekte einer Figur zu enthüllen, ohne dass es explizit gesagt werden muss.

Das Prinzip „Show, don’t tell“
Du hast sicher auch schon einmal vom Grundsatz „Show, don’t tell“ gehört. Dieser Satz mag einfach erscheinen, aber er trägt eine immense Bedeutung. Wenn wir schreiben, erzählen wir eine Geschichte. Aber anstatt dem Leser nur Informationen zu geben, wie ein Lehrer in einem Klassenzimmer, laden wir ihn ein, die Geschichte zu erleben. Und das geht am besten, indem wir ihm zeigen, was passiert, anstatt ihm nur zu sagen, was geschieht.
Wenn Du beispielsweise eine Figur hast, die mutig ist, kannst Du das dem Leser direkt mitteilen, indem Du schreibst: „John war mutig.“ Aber dieser Satz ist flach und lässt den Leser kalt. Stattdessen könntest Du John in eine gefährliche Situation bringen, in der er ohne zu zögern handelt, um anderen zu helfen – das zeigt dem Leser, dass John mutig ist, und der Leser fühlt gleichzeitig mit ihm mit. Diese Methode ist nicht nur effektiver, sondern auch eindrucksvoller. Sie lässt den Leser die Geschichte erleben, anstatt sie nur zu lesen.
Handlungen als Fenster zur Persönlichkeit
Handlungen sind der direkte Ausdruck dessen, was eine Figur denkt, fühlt und glaubt. Wie eine Figur handelt, ist oft ein klarer Indikator für ihre inneren Überzeugungen und Konflikte. Es verrät viel über ihre inneren Werte, Wünsche und Ängste. Eine Handlung kann also viel tiefer in die Psyche einer Figur eintauchen, als es ein einfacher Satz jemals könnte.
Eine Figur, die zum Beispiel regelmäßig anderen hilft, auch wenn es ihr selbst schadet, zeigt durch ihre Handlungen, dass sie selbstlos ist – vielleicht sogar zu selbstlos. Eine andere Figur, die stets das Gesetz bricht, um ihre Ziele zu erreichen, könnte als rebellisch oder skrupellos wahrgenommen werden. Durch Handlungen machst Du die inneren Konflikte und Motivationen deiner Figuren sichtbar.
Beispielhafte Analyse
Um das besser zu veranschaulichen, schauen wir uns das mal an einem konkreten Beispiel an:
Wir haben Frodo Beutlin aus „Der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien. Frodos Charakter wird nicht durch ewig lange Beschreibungen definiert, sondern vielmehr durch seine Handlungen. Er zögert nicht, den Ring an sich zu nehmen und die gefährliche Reise zu unternehmen, obwohl er oftmals große Angst hat. Diese Handlung zeigt seine innere Stärke und seinen Mut. Hätte Tolkien einfach nur gesagt, dass Frodo mutig ist, wäre es weniger eindrucksvoll gewesen. Durch Frodos Taten wird sein Charakter für den Leser erst richtig greifbar und real.

Wie Handlungen verschiedene Aspekte einer Figur definieren
Handlungen sind ein vielseitiges Werkzeug, das Dir hilft, viele verschiedene Aspekte einer Figur zu definieren. Handlungen können dabei so vielschichtig wie die Figuren sein, die sie ausführen. Doch wie stellst Du durch das Verhalten Deiner Figuren ihre Moral, ihre inneren Konflikte und ihre Entwicklung im Laufe der Geschichte am besten dar?
Moral und Werte der Figuren
Unsere Entscheidungen und Taten sagen oft mehr über unsere ethischen Überzeugungen aus, als Worte es jemals könnten. Im Leben, ebenso wie in Geschichten, zeigen Handlungen, was einer Person wirklich wichtig ist.
Denke mal an eine Figur, die in einer moralischen Zwickmühle steckt. Sie hat die Möglichkeit, durch eine unehrliche Handlung großen persönlichen Gewinn zu erzielen. Wie sie sich entscheidet, enthüllt ihre wahre Natur. Wenn sie sich dafür entscheidet, ehrlich zu bleiben, selbst wenn es ihr schadet, zeigt das dem Leser, dass sie einen starken moralischen Kompass hat. Ein anderes Beispiel könnte eine Figur sein, die ihren Wohlstand opfert, um anderen zu helfen. Diese Handlung zeigt, dass sie Großzügigkeit und Mitgefühl über persönlichen Gewinn stellt.
In Deiner eigenen Arbeit kannst du ähnliche moralische Prüfungen verwenden, um Deine Figuren zu definieren. Du könntest zum Beispiel einen Charakter in eine Situation bringen, in der er die Wahl zwischen Rache und Vergebung hat. Die Entscheidung, die er trifft, zeigt, ob er von Wut oder Mitgefühl geleitet wird. Solche Entscheidungen machen Figuren glaubwürdig und komplex, weil sie den Leser zwingen, sich ebenfalls mit den moralischen Fragen auseinanderzusetzen, die die Handlung aufwirft.
Emotionen und innere Konflikte
Emotionen sind oft schwer in Worte zu fassen, aber durch das Verhalten einer Figur kannst Du dem Leser ein tiefes Verständnis für ihre innere Welt vermitteln. Eine Figur, die nervös mit ihren Händen spielt, könnte ihre Angst oder Unsicherheit zum Ausdruck bringen. Eine andere Figur, die in einer hitzigen Diskussion schweigt, könnte ihren inneren Kampf zwischen Wut und dem Wunsch, die Fassung zu bewahren, zeigen.
Innere Konflikte können ebenfalls durch Handlungen offenbart werden. Ein Charakter, der zwischen zwei gegensätzlichen Wünschen oder Überzeugungen hin- und hergerissen ist, kann dies durch ein widersprüchliches Verhalten zeigen. Vielleicht sagt er etwas, handelt aber anders. Oder er zögert, eine Entscheidung zu treffen, und seine Unsicherheit zeigt sich in kleinen Gesten – wie dem ständigen Blick auf die Uhr oder dem wiederholten Wechseln der Sitzposition. Solche Handlungen lassen den Leser den inneren Kampf der Figur miterleben.
Entwicklung und Veränderung von Figuren
Die Handlung von Figuren kann ebenso den inneren und äußeren Wandel im Laufe der Geschichte verdeutlichen.
Zu Beginn einer Geschichte könnte eine Figur zögerlich und unsicher sein. Ihre Handlungen spiegeln dies wider – vielleicht zieht sie sich zurück, vermeidet Konflikte oder gibt leicht nach. Doch im Verlauf der Geschichte, durch Herausforderungen und Erfahrungen, beginnt sich diese Figur zu verändern. Ihre Handlungen werden mutiger, entschlossener, und sie beginnt, für das einzustehen, woran sie glaubt. Diese Transformation ist nicht nur in den Worten sichtbar, sondern vor allem in den Taten der Figur.

5 Praktische Tipps zur Entwicklung von Figuren
Tipp 1: Vermeidung von Klischees
Eine der größten Herausforderungen beim Schreiben ist es, Klischees zu vermeiden. Klischees sind Handlungen oder Charakterzüge, die so oft verwendet wurden, dass sie vorhersehbar und langweilig wirken. Ein Beispiel wäre der böse Bösewicht, der ständig nur lacht und seine Hände reibt, oder die Person, die immer gerettet werden muss. Um Klischees zu vermeiden, überlege Dir daher einzigartige Handlungen, die Deine Figuren von den üblichen Stereotypen abheben. Anstatt den Bösewicht immer nur böse handeln zu lassen, gib ihm eine Handlung, die ihn menschlicher macht – vielleicht kümmert er sich liebevoll um ein Haustier oder zeigt Mitgefühl in einer unerwarteten Situation. Solche Nuancen machen Figuren frischer und interessanter.
Tipp 2: Handlungen, die überraschen
Überraschung ist ein starkes Werkzeug in der Charakterisierung. Wenn eine Figur etwas macht, das unerwartet ist, kann das den Leser dazu bringen, genauer hinzusehen und sich mehr mit der Figur auseinanderzusetzen. Vielleicht hast Du eine Figur, die auf den ersten Blick ruhig und zurückhaltend wirkt, doch plötzlich zeigt sie in einer bestimmten Situation eine unerwartete Entschlossenheit oder Wildheit. Solche Handlungen fügen einer Figur Tiefe hinzu und machen sie wiederrum interessanter.
Ein Beispiel könnte eine ältere Frau sein, die in einer Geschichte als sanft und gütig dargestellt wird, aber plötzlich einen Einbrecher in ihrem Haus mit einem Baseballschläger angreift. Diese unerwartete Handlung zeigt, dass sie nicht nur eine sanfte, sondern auch eine entschlossene und mutige Seite hat, die der Leser vielleicht nicht erwartet hat. Solche Überraschungsmomente können dazu beitragen, Klischees zu vermeiden und Deine Figuren lebendig zu halten.
Tipp 3: Kleinigkeiten mit großer Wirkung
Nicht alle Handlungen müssen groß oder dramatisch sein, um eine Figur zu definieren. Manchmal sind es die kleinen Gesten, die die tiefsten Einblicke in eine Figur geben. Ein schüchterner Blick, das unauffällige Zurückweichen vor einer unerwünschten Berührung, oder das vorsichtige Aufstellen eines Fotos auf einem Nachttisch. Solche scheinbar kleinen Handlungen können viel über die Persönlichkeit Deiner Figuren verraten, ohne dass Du sie direkt beschreiben musst.
Tipp 4: Handlungen und Dialoge
Handlungen und Dialoge gehen oft Hand in Hand. Dabei verstärken sie sich gegenseitig und machen die Charakterisierung einer Figur noch detailreicher.
Ein Beispiel könnte eine Figur sein, die sagt, dass sie keine Angst hat, aber ihre Hände zittern und ihre Stimme bricht. Diese Kombination aus Dialog und Handlung zeigt dem Leser, dass die Figur versucht, ihre Angst zu verbergen, was eine zusätzliche Dimension ihrer Persönlichkeit offenbart. Wenn also eine Figur etwas sagt, aber durch ihre Handlungen das Gegenteil zeigt, weist man darauf hin, dass der Charakter gerade zum Beispiel etwas verbergen möchte.
Tipp 5: Einzigartigkeit durch Handlungen
Jede Figur sollte sich von den anderen unterscheiden. Dabei können Handlungen diese Einzigartigkeit zusätzlich betonen. Denke deshalb darüber nach, wie Deine Figur in bestimmten Situationen handeln würde, und überlege, was sie von anderen unterscheidet. Wenn Du eine Figur hast, die auf ungewöhnliche Weise handelt, wird sie dem Leser stärker in Erinnerung bleiben.
Wie wäre es mit einer Figur, die bei Stress nicht wie üblich reagiert, indem sie nervös wird, sondern anfängt, Origami-Tiere zu falten. Diese ungewöhnliche Handlung gibt der Figur nicht nur eine besondere Eigenart, sondern kann auch tiefergehende Einsichten in ihre Persönlichkeit geben – vielleicht ist sie besonders detailorientiert oder sucht nach Kontrolle in chaotischen Situationen. Solche einzigartigen Handlungen verleihen Deinen Figuren eine besondere Note, die sie von den Standardcharakteren abhebt.

Kleine Übung
Nun bist Du an der Reihe! Ich habe Dir mal eine kleine Übung mitgebracht, die Dir helfen soll, Deine Figuren durch ihre Handlungen zu definieren. Stell Dir hierzu mal eine einfache Szene vor:
Deine Figur kommt nach einem langen Arbeitstag nach Hause.
Überlege Dir jetzt fünf verschiedene Handlungen, die zeigen, wie die Figur sich fühlt und was für eine Persönlichkeit sie hat, ohne dass Du es direkt beschreibst. Vielleicht wirft sie erschöpft ihre Schlüssel auf den Tisch und lässt sich schwer aufs Sofa fallen. Oder sie geht direkt in die Küche, um etwas zu kochen, weil sie Hunger hat.
Versuche, durch diese kleinen Handlungen ihre Persönlichkeit, ihre Stimmung und vielleicht sogar ihre Lebenssituation zu verdeutlichen. Diese Übung hilft Dir, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie Handlungen die Charakterisierung Deiner Figuren vertiefen können.
Die berühmten Schlussgedanken
Die Kunst, Figuren durch ihre Handlungen zu definieren, ist eine Fähigkeit, die mit Übung immer besser wird. Anfangs mag es schwierig sein, die richtigen Handlungen zu finden, aber je mehr Du Dich damit beschäftigst, desto intuitiver wird es Dir gelingen. Vergiss nicht, dass jeder Schritt in Deinem Schreibprozess Dich näher an Dein Ziel bringt: überzeugende, lebendige Figuren zu erschaffen, die Deine Leser nicht so schnell vergessen werden.
Jetzt bist Du nochmal dran! Überlege Dir gerne einmal eine Szene, in der Deine Hauptfigur durch ihre Handlungen definiert wird. Schreib diese Szene und teile sie in den Kommentaren. Ich bin gespannt, wie Du es umsetzt!
Oder hast Du eigene Tipps und Tricks, wie man Figuren durch Handlungen definiert? Teile auch diese gerne mit uns!
Schreib weiter und lass deine Figuren durch ihre Taten lebendig werden!
Viel Spaß dabei und „happy writing“!
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